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Leseprobe “Honig und Salz”

2009 LYSO-Verlag, Kalamata
Sonja Roost-Weideli
ISBN 978-960-930814-4
Gebunden, 204 Seiten, ca. 240 Abbildungen
28,80 €


Wildgemüse sammeln mit Chrissa

Wildgemüse aller Art wird in der Mani vor allem in den üppig saftigen Wintermonaten gesammelt.
Chorta ist der Überbegriff für das Wildgemüse, dessen unterschiedliche Sorten viele verschiedene liebevolle Namen haben, wie Kafkalithra, Radikio, Marulitsa, Lappassos und viele mehr.
Im Frühjahr verwöhnt dann auch der Wildspargel den Magen und die Nieren.
Überhaupt ist die Chorta sehr gesund und enthält viele Kostbarkeiten für den Körper.

Die Chorta werden nach Sorten getrennt oder alle zusammen gekocht und meist einfach als Gemüsebeilage verwendet. Für ein Tsikarista werden sie gemischt mit Spinat für Spinatreis
oder für Omletts. Die meisten Wildgemüse schmecken etwas bitter, mit Zitronensaft und Olivenöl, etwas Weissbrot und Fetakäse sind sie dennoch ein Genuss!

Um acht Uhr morgens geht es los. Chrissa dirigiert mich zu dem Grundstück, auf dem sie heute sammeln will. Wir gehen über Stock und Stein steil den Hang hinauf.
Und dann steht Chrissa da, wie immer in ihren Gummistiefeln, mit Kopftuch und Schürze an den steilsten Hängen in gebückter Haltung. Einmal mehr ist sie unermüdlich, schneidet mit einem kleinen Küchenmesser die verschiedenen Wildgemüse knapp über der Erde ab und sammelt viele Säcke voll. Heute brennt die Sonne schon richtig heiss auf unsere Köpfe. Erst Stunden später, als wir wieder beim Auto sind, gönnt sie sich etwas zu essen und zu trinken.

„Chorta sammeln habe ich von meiner Mutter gelernt. Im Krieg wurde unser Haus zerstört und wir hatten weder Schuhe noch zu Essen. Da lernst du Chorta sammeln“, erzählt sie beiläufig.

Auf dem Rückweg will sie selbstverständlich den schwersten Sack tragen. Sie fordert mich nur dazu auf, ihn ihr auf den Rücken zu heben. Chrissa ist 76 Jahre alt und ist überzeugt, der Sack sei zu schwer für mich. So muss ich tatenlos zusehen, wie sie schwerstbeladen, mühselig und rutschend die steilen Böschungen hinunter geht.
Als ich ihr dann etwas später doch noch den Sack entwenden kann, zetert sie filmreif hinter mir her, bis wir unten an der Strasse sind.
Den restlichen Tag wird sie vor ihrer Haustüre sitzend verbringen und ihre Chorta waschen und bündeln. Morgen, am Freitag, wird sie dann am Wochenmarkt auf einer Kiste zwischen zwei Gemüsehändlern sitzen und ihre Schätze verkaufen. Neben der Chorta hat sie selbstgesottene Olivenölseife im Angebot, verschiedene getrocknete und frische Kräuter, manchmal Feigen und im Winter eingelegte Oliven.


Chrissa verkauft ChortaVielerlei grüne Frische